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Selbstverteidigung Kampfsport, Kampfkunst, Erding, Rosenheim , Wing Tsun, Kung Fu, Kampf

Psychotraining zur Selbstverteidigung

 

Inhaltsverzeichnis

1. Definition

1.1. Unterscheidung

2. Muss man das Rad neu erfinden?

3. Die zwei Aspekte

3.1 Schlaghemmung

3.2 Aufrechterhalten der Handlung- und Entscheidungsfähigkeit  unter Stress

4. Zusammenfassung

5. Schlusswort

 

Kommentar eines Polizeiausbilders für Sondereinheiten

 

 

1. Definition

 

Psychotraining im Sinne dieser Arbeit beinhaltet zwei Aspekte. Prefight und Kampf. Im Prefight geht es darum, einen Kampf zu vermeiden. Dazu muß man lernen, auch unter schwerem Stress noch handlungs- und entscheidungsfähig zu bleiben. Im Kampf geht es darum, ihn zu gewinnen. 

 

Psychotraining in Bezug auf den Prefight ist die Aufrechterhaltung der Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit unter Stress. Stress hier ist die Erwartung oder Befürchtung eines Kampfes mit der Folge von Verletzung oder sogar Tod. Da diese Gefahr in unserer zivilisierten Gesellschaft sehr selten bis nie auftritt, ist die dabei auftretende physische und psychische Belastung sehr gross. Handlungsfähigkeit erlaubt es, im Prefight nach Alternativen zum Kampf zu suchen, z. Deeskalation oder Flucht. Psychologen wissen, dass unter Stress als erstes die Fähigkeit zum rationalen Denken, die Entscheidungsfähigkeit und die korrekte Situationswahrnehmung verloren geht. 

 

Psychotraining in Bezug auf den Kampf ist die Fähigkeit, die erworbene Wing / Tsun-Technik im Verteidigungsfall auch einsetzen zu können. Der Wing / Tsun-Anwender soll über die technische und geistige Fähigkeit verfügen, einen möglichen Angreifer (vorübergehend) zu neutralisieren. Das technische Mittel ist die Kampfkunst Wing / Tsun, die geistige Fähigkeit ist die Bereitschaft, den Angreifer durch Anwendung der technischen Mittel an der Gesundheit zu schädigen. Psychotraining soll diese Bereitschaft entwickeln und/oder fördern.

 

Im Verteidigungsfall wird das an sich Verbotene, nämlich den anderen an Gesundheit oder Leben zu schädigen, das Gebotene. Die meisten Menschen haben eine Hemmung, etwas Verbotenes zu tun, auch wenn es ausnahmsweise gerechtfertigt und erlaubt wäre. Diese Hemmung kann dazu führen, die an sich erworbene Fähigkeit der Selbstverteidigung nicht einzusetzen. Dann wäre das Training, zumindest unter diesem Aspekt, nutzlos.

Da Wing / Tsun aber ein System zur Selbstverteidigung ist, ist es auch ein Ausbildungsinhalt, eine eventuell vorhandene Schlaghemmung, oder eine Furcht, den anderen zu verletzen, abzubauen.

 

Interessanterweise ist der Notwehrparagraph 32 StGB ein ”sogenannter” Rechtfertigungsparagraph. Die an sich strafbare Körperverletzung wird als nicht rechtswidrig definiert und bleibt daher straffrei.

 

 

1.1 Unterscheidung

 

 „Meine Auslegung des Begriffes „Psychotraining“ für die Selbstverteidigung muss über die Auslegung, die Horst Tiwald in seinem Buch vertritt (Buch: Psycho-Training im Kampf- und Budo- Sport,Verlag Ingrid Czwalina, ISBN 3-88020-080-7), naturgemäß noch hinausgehen. 

Während es mir wie ihm um eine Verbesserung der Wahrnehmung und Analyse einer sich ständig ändernden äußeren Situation geht,  ist das  Ziel im Sport begrenzt auf die Verbesserung der Leistung in geregelten Kampfsportwettkämpfen.

Was jedoch die Selbstverteidigung betrifft, muss unbedingt ein Motivationstraining hinzukommen, das die Bereitschaft entwickelt, im Grenzfall zum Nachteil des Angreifers gesundheitsschädigend zu handeln, und Schlaghemmungen außer Kraft setzt.“

 

 

 

2. Muss man das Rad neu erfinden?

 

Es gibt bereits Psychotraining. Nicht für Zivilisten, die eine waffenlose Selbstverteidigung erlernen, sondern für Soldaten, die Ihre Feinde töten sollen. Es gibt hier eine sehr alte, ungebrochene Tradition von Ausbildungsmethoden. Ziel war der Abbau der Tötungshemmung. Erfahrene Kämpfer haben als Ausbilder Methoden entwickelt, die im Laufe der Zeit immer mehr verfeinert und verbessert wurden. Weiter entwickelt wurden diese Methoden in letzter Zeit durch die Einbeziehung der modernen Psychologie. Diese Methoden bewirken einen Abbau der Tötungshemmung. Dass damit auch die Hemmung, einen anderen zu verletzen, gegen Null geht, ist offensichtlich. Diese Methoden sind aus vielen Gründen für Psychotraining im Sinne dieser Arbeit nur sehr eingeschränkt brauchbar. Erwähnen möchte ich hier das Töten von Tieren, das eine gute Vorbereitung für das Töten von Menschen ist.

 

Aber auch im Bereich des Kampfsports gibt es bereits Versuche, ein Psychotraining zu etablieren. Von Paul Vunak gibt es ein Video “Killerinstinct”. Von Geoff Thompson gibt es zwei Videos “Animal Day”. Von Dave Briggs gibt es “Get Real 1 und 2”. Alle Videos sind in englischer Sprache. Der Deutsche Markt bietet bisher nichts zum Thema Psychotraining zur Selbstverteidigung. Auch in den Kampfkunstmagazinen wird dieses Thema ignoriert.

 

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werde diese Methoden von Militärs und Kampfkunstlehrern an geeigneten Stellen ansprechen.

 

 

3. Die zwei Aspekte

 

Grundsätzlich muss Psychotraining zwei Aspekte beinhalten. Den Abbau einer eventuell vorhandenen Schlaghemmung und das Aufrechterhalten der Handlungsfähigkeit unter Stress.

 

 

3.1 Schlaghemmung

 

Beim Abbau der eventuellen Schlaghemmung gibt es meistens wenig Probleme. Da man im Wing / Tsun-Unterricht eigentlich ständig aufeinander einschlägt, wenn auch kontrolliert, wird das Schlagen auf einen Menschen zur Normalität. Man lernt es durch das Tun. Selbst im normalen Training gibt es immer wieder zu harte Treffer oder leichte Blessuren, die man erhält oder selbst verursacht.

Man fürchtet sich weniger vor Schlägen und auch vor dem Zuschlagen. Gelegentlich weise ich meine Schüler darauf hin, dass wir alle im Vergleich zu Nichtkampfsportlern “total verroht” sind. Das, was wir noch nicht als Gewalt empfinden, gilt für andere oft schon als Gewalt. 

 

Verstärken lässt sich das durch das Üben mit verbesserter Aufrüstung und durch Vollkontaktsparring. Hier ist darauf zu achten, dass beim Vollkontaktsparring mit einem Helm mit Gesichtsschutz (Gitter) doch ein sehr sicheres Gefühl nach kurzer Übungszeit entsteht. Daher sollte man auch Übungen mit Boxhandschuhen und ohne Helm ausführen. Aus Sicherheitsgründen darf man dann aber keinesfalls auf einen Zahnschutz verzichten. Hier wäre durchaus auch an ganz normales Boxen zu denken, wenn es sich auch technisch stark vom Wing / Tsun unterscheidet. Dies wird von den Schülern aber nicht gern gemacht und beinhaltet auch ein hohes Verletzungsrisiko. Daher kann man auch kontrollierte Übungen durchführen, z. B. Kettenfauststoss mit leichtem Kontakt, Freikampfanwendungen in denen der Angreifer sich zurückhält und ähnliches.

 

Wichtig ist vor allem, dass jeder solche Übungen ein paar Male gemacht hat, mehr Wiederholungen bringen hier nicht sehr viel mehr Erfolg. Richtig belastend und fordernd und daher lehrreich sind solche Übungen nur beim ersten Mal.

 

Meine Fortgeschrittenen trainieren regelmässig mit deutlichem Kontakt. Dies wird durch eine verstärkte Schutzausrüstung möglich. Sie tragen dann hochwertige Knie- und Ellbogenschützer, Tiefschutz, Schienbeinschützer,  Zahnschutz und etwas stärker gepolsterte Handschuhe. Mit einer solchen Ausrüstung kann auch problemlos am Boden weitergemacht werden. Zur Förderung des Kampfgeistes und Kampfwillens, und als allerletzte Verteidigungslinie, kann auch Kampf am Boden geübt werden. Der Bodenkampf Körper an Körper hat etwas sehr Animalisches und Ursprüngliches. Dort kann auch die maximale Körperkraft eingesetzt werden, z. B. bei Befreiungen.

 

Aus diesen Gründen kann man folgern, dass zumindest bei fortgeschrittenen Wing / Tsun-Schülern die Schlaghemmung eher keine Rolle spielt. Dennoch sollte der Ausbilder seine Schüler genau beobachten und mit zu zaghaften Schülern diese speziellen Übungen verstärkt durchführen. Speziell bei Frauen kann doch die Schlaghemmung ein Hindernis für eine erfolgreiche Selbstverteidigung sein. Sie benötigen besondere Aufmerksamkeit, aber auch Rücksichtnahme und Verständnis, wenn sie sich bestimmten Übungen verweigern.

 

Ich betrachte Wing / Tsun als intelligente Selbstverteidigung und anspruchsvolle Bewegungskunst. Schüler, die sich mehr der Bewegungskunst widmen und an Sparring und hartem Kontakt kein Interesse haben, haben den gleichen Anspruch an Zuwendung vom Ausbilder wie die “Hauer”.

 

 

3.2 Aufrechterhalten der Handlung- und Entscheidungsfähigkeit  unter Stress

 

Der zweite Aspekt von Psychotraining, das Aufrechterhalten der Handlungsfähigkeit unter Stress, ist wesentlich schwerer zu trainieren. Dazu müssen sich die Schüler an Stress gewöhnen. Stress entsteht durch starke Belastung, durch eine eingebildete oder reale Gefahr. Diese Belastung ist grundsätzlich sehr unangenehm, um es mal vorsichtig auszudrücken. Dies widerspricht der Vorstellung, dass das Wing / Tsun-Training Spaß machen soll. Die meisten Schüler betreiben Wing / Tsun als Hobby, durchaus mit der Vorstellung, ihre Kunst, falls nötig, einzusetzen, aber nicht mit der Bereitschaft, sich zu quälen.

 

 

 

Um das Aufrechterhalten der Handlungsfähigkeit unter Stress zu üben, müssen wir unsere Schüler einer Gefahr aussetzen, in der sie trotzdem vernünftig handeln sollen bzw. Üben können, dies zu tun. Diese Gefahr kann grundsätzlich eingebildet oder real sein. Aus Sicherheitsgründen bevorzuge ich Übungen mit einer eingebildeten Gefahr. Dass die Gefahr aber nur eine scheinbare ist, ist von den Schülern zumindest anfänglich nicht zu erkennen.

 

Zwei Übungen beschreibe ich. Die erste Übung sieht so aus, das der Übende mit einer Augenbinde dasteht, Hände unten. Der Angreifer trägt Boxhandschuhe und kann jederzeit auf jede Körperstelle schlagen. Der Übende muß dann in Richtung des Angriffs vorgehen und versuchen, den Angreifer zu chlinchen. Angriffe zum Kopf kontrolliert, Angriffe zum Körper durchaus kräftig. Übungen mit verbundenen Augen sind prinzipiell günstig, da ein Wahrnehmungssinn wegfällt und Unsicherheit (=Stress) automatisch entsteht.

 

Die zweite Übung ist noch besser. Sie stammt von Paul Vunak`s Video “Killerinstinct”. Zwei Angreifer mit Boxhandschuhen schlagen auf den Übenden ein, der sich nur sehr passiv deckt und gar nicht zurückschlägt. Er kann sogar die Deckung fallen lassen und sich treffen lassen. Er muß nur bei Sinnen bleiben, die Angreifer beobachten, wach und handlungsfähig bleiben. Es geht dabei nicht um eine Technik der Verteidigung. Bei Fortgeschrittenen dauert ein Durchgang 2 Minuten mit harten Schlägen, zu Anfang macht man nur eine Minute mit leichtem Kontakt. Vom Hörensagen weiss ich, dass so eine Übung früher Bestandteil einer höheren Wing / Tsun-Schülergradprüfung war. Ich weis aber nicht, welche oder ob dabei Handschuhe verwendet wurden.

 

Diese Übungen nutzen sich zwar schnell ab, sind aber anfänglich von der seelischen Belastung enorm und schulen den Umgang mit Angst. Als Abnützungsfaktor würde ich sagen, nach 5 bis maximal 10 Durchgängen an verschiedenen Tagen ist das einzige Ergebnis noch Kopfschmerz. Die Schüler haben erkannt, dass die Gefahr nur eine vermeintliche ist.

Nach Kopfschmerzen, die bei diesen Übungen unvermeidbar sind, kommt der Knock Out. Jeder K. O. ist eine Gesundheitsschädigung. Nach meinen Studien der Fachliteratur vertrete ich die Meinung, dass nach jedem harten Kopftreffer, der zu Kopfschmerzen noch am nächsten Tag führt, der Kopf für ca 4 Wochen geschont werden soll. Das heisst vier Wochen lang kein harter Kontakt mehr. Kopfschmerzen nach den Training müssen eine seltene Ausnahmeerscheinung sein. Aus Sicherheitsgründen halte ich Übungen mit echter Gefahr für Leib und Leben für den normalen Wing / Tsun-Schüler nicht geeignet.

 

Beim Militär wird zumindest gelegentlich echte Gefahr in der Trainingssituation hergestellt, daher nutzen sich deren Übungen nicht ab.

Verletzungen werden dort auch eher akzeptiert und billigend in Kauf genommen. Ganz interessant ist in diesem Zusammenhang der Film ”Die Akte Jane”. Je realistischer das Training, desto mehr Verletzungen, was auch für uns gilt. In Eliteeinheiten des Militärs kommen durchaus schwere Verletzungen und auch Todesfälle beim realistischen Training vor. Grundlage der militärischen Ausbildung auch unter dem Aspekt Psychotraining sind viele, viele Wiederholungen, um das Erlernte auch unter Stress zu praktizieren. In der nächsten Stufe werden diese Wiederholungen unter starker zusätzlicher Belastung ausgeführt, z. b. Müdigkeit, Beschuss, Kälte, Hitze, Durst und ähnliches. Die erlernte Verhaltensweise soll in Fleisch und Blut übergehen und auch in Extremsituationen das einzig mögliche Verhalten darstellen.

 

Unter dem Aspekt der vielen, vielen Wiederholungen ist Lat-Sao auch als Psychotraining von grosser Bedeutung. Das Abwehren einer Faust, die auf den Wing / Tsun-Schüler zukommt, wird absolut normal. Auch des Kämpfen trotz totaler körperlicher Erschöpfung, wie es jetzt für den 12. Schülergrad geübt wird, ist zusätzlicher Stress und damit Psychotraining.

 

Hier passt gut meine Erfahrung dazu, dass meine Schüler beim Vollkontaktsparring Kettenfauststösse gut, Knie und Ellbogen aber kaum anwenden. Das wurde nur im 5. Schülergradprogramm geübt, ansonsten offensichtlich wenig, daher klappt es nicht. Natürlich lege ich seitdem verstärkt  Wert auf  Knie- und Ellbogentechniken, unabhängig von der Graduierung. Viele, viele Wiederholungen sind offensichtlich unentbehrlich. Lernen durch tun heisst das Motto.

 

Eine andere Methode, Stress zu erzeugen ist anschreien und beleidigen. Je lauter geschrien wird und je schlimmer die Beleidigung, desto besser. US-Militärausbilder benutzen ein Megaphon auch in direkter Nähe. Anschreien und Beleidigen stört aber die an sich angenehme Trainingsatmosphäre des Unterrichts und sollte eher selten stattfinden. Sehr problematisch für das Vertrauensverhältnis Lehrer und Schüler ist es, wenn der Lehrer den Schüler anschreit und beleidigt. Die Schüler wissen zwar, dass es nur eine Übung ist, dennoch bleibt ein schlechter Eindruck zurück. Als Idee könnte der Lehrer beim Anschreien und Beleidigen spezielle Kleidung oder eine Maske tragen, damit der Unterschied zum normalen Unterricht auch für das Unterbewusstsein der Schüler deutlich wird. Ich lasse das die Schüler immer untereinander machen.

 

Gut geeignet sind auch Selbstverteidigungsparkurs im Freien oder sonstwo, aber nicht im normalen Trainingsraum. Bei diesen Parkurs wird der Schüler auf verschiedene Art und Weise an verschiedenen Orten von möglichst gepanzerten (schwerer Körperschutz) Angreifern angegriffen, und muss sich verteidigen.  Vor jedem Kampf sollte, wie in der Realität, ein Gespräch oder eine Beschimpfung erfolgen. Bei einer guten Deeskalation des Schülers wird dann auf den Angriff verzichtet.

 

Alles, was das Training anders macht als sonst, ist Psychotraining. Jede Veränderung ist erst einmal Stress.

Es kommen andere Trainingsbedingungen oder eine neue Bedrohung auf den Schüler zu, er muß sein Verhalten neu ausrichten. Er wird dadurch anpassungsfähiger an neue Situationen.

Das, was in der Realität passiert, falls er bedroht oder angegriffen wird, ist auch immer eine neue und andere Situation. Bei den Beispielen ist das Neue und das erste Mal das Entscheidende, wird es immer so gemacht,  zählt es nicht mehr als Psychotraining.

 

Beispiele:

Kreistraining

Training an verschiedenen Orten,

Training in unterschiedlicher Kleidung

Training zu unterschiedlichen Zeiten

Training mit lauter Musik

Training im Dunkeln

Training bei Flackerlicht (Disco)

Training mit Augenbinde, auch Lat-Sao

Selbstverteidigung im Sitzen

Trainieren auf einer Treppe

Angreifer mit roten Boxhandschuhen

Angreifer mit Maske

Messersparring mit stumpfen Messern statt mit Gummimessern.

Escrima mit der Machete.

Abwehr eines AK-47 Übungsgewehrs mit Bajonettaufsatz.

Sparring mit Stock gegen Schwert und Schild

Allgemein alle Varianten von Waffen gegeneinander und waffenlose Abwehr

 

Jede Übung, bei der der Schüler lernt, unter Stress zu handeln, ist Psychotraining. Wenn die Handlung dann noch vernünftig ist, kann man von einem Lernfortschritt sprechen.

 

 

4. Zusammenfassung

 

Der Prefight bzw. die Kampfvermeidung ist sehr schwer zu üben, denn die Übung muss ja, um wirksam zu sein, möglichst nahe an der Realität sein. Dazu gehört echte Gefahr. Nicht jeder kann und soll, so wie Geoff Thompson, als Türsteher arbeiten, um echte Erfahrungen zu sammeln. 

Dennoch sind Stressübungen hilfreich, der Schüler lernt, dass er auch unter starker Belastung noch handlungsfähig ist und stärkt sein Selbstvertrauen und auch seine Handlungskompetenz. Das Problem ist die schnelle Abnutzung aller dieser Übungen. Denn keine Übung  ist wie die Wirklichkeit. Die einzige Antwort auf das Problem der schnellen Abnutzung ist die Verwendung anderer Übungen (Gut) und die Einführung grösserer Gefahr (Problematisch).

 

Um es mal auf den Punkt zu bringen. Der Wing / Tsun-Schüler ist wie ein Pilot, der nur im Simulator fliegt. Es ist die Aufgabe des Ausbilders, den Simulator so realitätsnah wie nur möglich zu gestalten. Selbst härtestes Vollkontaktsparring ist kein echter Strassenkampf.

 

Es ginge natürlich auch anders. In England gibt es angeblich einen Ju Jutsu-Lehrer, der die Dan-Prüfung in der Öffentlichkeit veranstaltet. Er geht in ein möglichst mieses Lokal, sucht sich den Platz aus, auf dem der gefährlichste Typ sitzt. Der Prüfungsanwärter muss nun diesen Platz für ihn freimachen. Das ist dann kein Simulator.

Ein Münchner Taekwon-Do Lehrer pflegte zu seinen Schülern zu sagen: ”Auch draussen weitertrainieren”. Jeder wusste, was er damit meinte.

 

Grundsätzlich steht es jedem frei, Schlägereien zu provozieren, um Kampferfahrung zu sammeln. Sicher hebt so etwas das Selbstvertrauen und ist eine hervorragende Trainingsmethode. Kampfkunst ist aber für mich mehr als nur Selbstverteidigung, es geht auch um Ehtik, ein guter Mensch sein, hilfsbereit und freundlich zu sein und so etwas.

Die Anwendung der erlernten Kenntnisse sollte nur im absoluten Notfall stattfinden. Der Meister vermeidet Streit. Es gilt die Regel, jeder vermiedene Kampf ist ein gewonnener Kampf.

5. Schlusswort

 

Dass unser Unterricht Früchte trägt, weiss jeder Lehrer aus den Erzählungen seiner Schüler. Unsere Schüler sind auf die Selbstverteidigung vorbereitet und auch in der Lage, ihre Kunst anzuwenden. Psychotraining kann dennoch helfen, die Ergebnisse zu verbessern. Psychotraining unter dem Aspekt des Aufrechterhaltens der Handlung- und Entscheidungsfähigkeit unter Stress wirkt allgemein und ist daher auch ausserhalb einer Selbstverteidigungssituation sehr hilfreich. Psychotraining für den Prefight, zur Kampfvermeidung ist sehr schwierig, da jede Situation anders und der Stress in einer Übungssituation nicht herstellbar ist. Eine eventuelle Schlaghemmung kann gut behoben werden. 

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Kommentar eines Polizeiausbilders für Sondereinheiten

F. M.       Name aus Datenschutzgründen abgekürzt.

 

Hanau am Main, den 31.05.2002

 

 

Lieber Erwin,

 

 

heute habe ich Deinen Text- Psychotraining zur Selbstverteidigung – erhalten und gelesen. Die Definition des Wortes “Psychotraining” in Deinem Sinne und die grobe Beschreibung passt in das Schema, das ich auch in meinen Schulen und auf Seminaren lehre.

In meiner Eigenschaft als Ausbilder für Spezialeinheiten, geht der Begriff natürlich noch weiter. Dort ist es unter anderem auch wichtig, mit größten Belastungen (körperlich und seelisch) fertig zu werden, die einem Kameraden passieren können.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass nichts, aber auch gar nichts die Reallage ersetzen kann. Gutes Training eines erfahrenen Polizeiausbilders in allen Bereichen (von dem Einsatz der Schusswaffe bis zum Bodenkampf) kann einiges helfen, aber die Realität kann nie simuliert werden.

 

Ich möchte hierzu eines von vielen Beispielen erzählen, das mir dazu einfällt:

Ein Drogenhändler wurde von Kollegen des Streifendienstes festgenommen, und zur U-Haft gefahren. Dort angekommen gab er an, Bauchschmerzen zu haben und vor Schmerzen fast wahnsinnig zu werden. Ein herbeigerufener Notarzt konnte vor Ort nichts feststellen, fürchtete einen Magendurchbruch und ordnete weitere Untersuchungen im Krankenhaus in M. in F. an. Ein Kollege (nicht von einer Sondereinheit) und ich sollten den mehrfach Vorbestraften und Gewaltbereiten Straftäter begleiten und für Sicherheit bei der Untersuchung sorgen. (Ich machte mir vor Ort ein Bild der Lage und hatte gleich meine Vermutungen, die ich aber hier aufgrund unerwünschter Öffentlichkeit nicht näher erläutern kann.)

 

Ich ordnete die Fesselung an und sicherte den Abtransport. Im Krankenhaus angekommen, wurden zahllose Untersuchungen vorgenommen. Diese brachten rein gar nichts, beziehungsweise, es war nichts festzustellen. Um absolute Gewissheit zu haben, musste aber noch eine Art Ultraschalluntersuchung vorgenommen werden.

Dazu wollte dieser Arzt die Fesselung gelöst haben. Ich warnte ihn ausführlich über die Gefährlichkeit der Situation, was ihn aber kalt lies. Da er das Hausrecht hatte, und nach dem Gesetz verantwortlich war, löste ich die Handfessel.

Nachdem ich zwei Schritte Platz machte, um den Arzt vorzulassen, war es so weit.

 

Er “explodierte.”

 

Er sprang auf, schnappte sich eine spitze OP-Schere und fing an, sich den Magen selber aufzuschneiden. Das Blut spritzte. Der Arzt der eben noch der Held sein wollte, sprang aus dem Fenster, und war auch nach Beendigung der Lage nicht mehr “auffindbar.”

Eine Krankenschwester lief schreiend davon. Mein Kollege ging bei dem Anblick des sich selbst verstümmelnden Straftäters zwei Schritte rückwärts, und rutschte ohnmächtig die Wand runter. (Eine Situation, die mich bei späterem nachdenken an einen Zeichentrickfilm erinnerte.)

Ich packte mir eine OP-Bahre und klemmte den immer noch Schreienden an der Wand fest. Ich hatte nun Befürchtungen, dass er über die Bahre klettert und mich mit der Schere angreift. In dieser Situation hätte ich auch sofort geschossen, bis eindeutige Trefferwirkung bei meinem Gegenüber eingetreten wäre.

Ich sah nun an der gegenüberliegenden Wand einen großen Schrubber stehen. Den schnappte ich mir, da ich den langen und festen Stil als Waffe einsetzen wollte. Leider nahm ich mir in dem Durcheinander nicht die Zeit, den Stil einfach rauszudrehen, sondern brach ihn einfach durch. Das ging schnell verkürzte ihn leider aber auch um ein Drittel.

Damit gelang es mir, (und den Techniken des ersten TG im Escrima – Staff) den Täter zu entwaffnen, was ihm aber noch weitere Blessuren einbrachte. In einem nachfolgenden Kampf konnte ich ihn dann noch festlegen.

 

In diesem Beispiel kannst Du mehrere grobe Fehler erkennen, die normal denkend nicht eingetreten wären, aber in der Realität passieren.

Normalerweise hätte ich den Stil rausgedreht und in seiner vollen Länge benutzt, ich hätte nicht zugelassen, dass der Gefangene die Fessel gelöst bekommt u.s.w.

Da gilt immer wieder der alte SAS (Anmerkung von mir, Britische Eliteeinheit) Lehrsatz: “Hoffe das Beste aber erwarte das Schlimmste.”

 

Wer sich mehr zu dem Thema (Psychotraining) aneignen möchte, den darf ich auf mein neues Buch (Europäische Polizei – Sondereinheiten, Motorbuchverlag Stuttgart) verweisen, das im Motorbuchverlag ab Sommer 2002 erhältlich ist und über alles berichtet, was nicht der wirklich nötigen Geheimhaltung unterliegt.

 

Deine vier Woche Sperre nach einem K. O. sind sehr sinnvoll. Das gilt hier bei mir in der Schule auch und nicht umsonst ist das die Grundregel in jedem seriösen Kampfsportverband, der Wettkämpfe durchführt.

Das realistische Training an verschiedenen Orte ist zwar bei Spezialeinheiten ein alter Hut, aber dennoch sehr sinnvoll und wird immer gerne gemacht. Hierzu wird oft in alten Abbruchhäusern geübt, da sich so immer die Umgebung ändert und “nichts ist wie es scheint”.

 

Die Übungsmethoden zwei gegen eins im Stand (mit Boxhandschuhen), in den jeweiligen Arten, ist sehr sinnvoll, und kann einen großen Trainingseffekt haben. Beim letzten Security Cup Nord 2002 (ein Schüler hat den ersten Platz und ich den dritten Platz gemacht, bei über 4 Teilnehmern) ist das auch gemacht worden. Etliche Teilnehmer die nicht darauf vorbereitet waren, hatten da ganz schön das Nachsehen. Der Security Cup Nord ( nähere Infos: www.axelschommartz.de) ist übrigens der einzige richtige Combat Wettkampf (mit Ausdauer, Boxen, Kickboxen, Schießen und Taktik – alles in ca. 15 Stationen -) in Deutschland. Meine höheren Schüler und ich nehmen regelmäßig an solchen Veranstaltungen, meistens in Frankreich, Schweiz oder Belgien (wegen der Gesetzeslage ) teil. Dort kann man (wegen absolut fremder Umgebung, fremden Waffen, fremden Bedingungen, unbekannten Übungen, unbekannten Darstellern/Gegenüber) alles “passieren” und die Realität tritt dort (nur teilweise simuliert) ein.

 

Ein realistischeres Training gibt es wohl nicht!!!

 

Zum Thema Angstbewältigung liegst Du im Trend. Angst kann jeder sehr leicht simulieren. Einfach das machen, wovor man Angst hat. Selbstverständlich in Stufen. (Teilweise ist das in dem Buch – Angst – von Geoff Thompson – Wu Shu – Verlag Kernspecht beschrieben. In der Psychologie heißt das Konfrontationstherapie.

 

Ein Tipp von mir: Nichts schult den Umgang mit der Angst wie ein Fallschirmsprung.

Die Auffassung von dem Münchner TKD (“auch draußen weiter trainieren”) und Deine Auffassung (“grundsätzlich steht es jedem frei......”) ist aber mehr als gefährlich und gefällt mir deswegen überhaupt nicht.

Erstens seid Ihr als Trainer für Eure Schüler rechtlich (“und moralisch”) verantwortlich. Bitte seht im StGB nach, was unter Anstiftung (strafbar) und unter Provozierter Notwehr ( ist nicht straffrei) steht.

Zweitens sind wir als Trainer (und wir sollten besonnen und einsichtig sein) Vorbilder und uns von stumpfsinnigen “Käfigkämpfern” unterscheiden. Ich habe hier in meiner Schule auch eine Klasse für Vollkontakt/Wettkampfsport und so einen gewissen Einblick darin. Komischer weise findet man selten gelernte und studierte Menschen dabei, sondern ehe die Randgruppen. Auch das soziale Verhalten (vor allem das auf “der Strasse”) ist nicht besonders ausgeprägt.

 

Im allgemeinen halte ich Deinen Aufsatz für gelungen und realitätsnah.

 

Als Übung möchte ich noch eine zum Schluss aufführen. Zwei Schüler stehen sich gegenüber. Los geht es mit gegenseitigem Schubsen, dann leichten gegenseitigen Handgreiflichkeiten, dann leichten (oder....) Ohrfeigen. Wenn ein hohes Aggressionspotential aufgebaut ist, hält ein dritter Schüler eine Pratze hoch und der Schüler muss in einer Minute seine Wut durch Kettenfauststösse etc. ablassen. Der Psychologe nennt so etwas Ersatzhandlung.

Das lässt sich dann noch steigern.

Nadelstiche, verbundene Augen, Wasser, Schusswaffen.....

 

Obwohl es sich einfach anhört, sollten solche Übungen nur unter Aufsicht eines erfahrenen Ausbilders (meist aus dem Bereich der militärischen Selbstverteidigung) ausgeführt werden.

 

Wenn Du (oder ein fortgeschrittener Schüler) mal Interesse an einer Teilnahme an einem Combat Wettkampf, einem militärischen Schiesstraining mit den unterschiedlichen Waffen, ect. hast, melde Dich einfach bei mir.

 

Ich wünsche Dir und Deinen Schülern weiterhin viel Erfolg.

 

MfG

F. M.