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Selbstverteidigung Kampfsport, Kampfkunst, Erding, Rosenheim , Wing Tsun, Kung Fu, Kampf

Literaturempfehlungen: Bücher über Wing / Tsun und andere Fachliteratur

Bestellung der Bücher über Wing / Tsun beim Wu-Shu Verlag Kernspecht,  K. Witt, Kantstr.8, 23764 Burg/ Fehmarn   Tel 04371/4581, Fax 04371/1803.

Weitere Literaturempfehlungen:

Wenn in Büchern aus anderen Verlagen von klassischen Kampfkünsten, die wenig zum Kampf taugen, die Rede ist, laß dich nicht irritieren. Wing / Tsun gehört nicht zu diesen Künsten. Diese Autoren kennen Wing / Tsun noch nicht. Bisher konnten wir noch jeden von der Praxistauglichkeit des Wing / Tsun überzeugen. Von einigen der älteren Wing / Tsun-Welten habe ich noch ein paar Exemplare vorrätig.

Allgemein kann man sagen, daß englischsprachige Bücher und Magazine wesentlich interessanter und realitätsbezogener sind als unsere, mit Ausnahme der Bücher des Wu-Shu-Verlages. Da gibt es Bücher, die heißen “Deal The First Deadly Blow” oder “Bare Kills” und solche Sachen. Als ich noch Taekwon-Do und Kickboxen gemacht habe, waren die Techniken aus diesen Büchern für mich neu und interessant. Heute nicht mehr. Die hier empfohlenen Bücher sind eher vom geistigen Aspekt her interessant, Bücher die meine Schüler kampftechnisch weiterbringen, gibt es nicht. Mittlerweile sehe ich auch gerne Kampfsportlehrvideos. Bestellungen über www. Amazon.de

 

Joe Hyams: Der Weg der leeren Hand  (Zen in den Kampfkünsten), ISBN 3-426-04257-6  Knaur Verlag

Horst Tiwald: Psycho-Training im Kampf- und Budo Sport  Verlag Ingrid Czwalina, ISBN 3-88020-080-7

Harro von Sänger: Die 72 Strategeme der Chinesen, ISBN ?

Miyamoto Musashi: Das Buch der fünf Ringe ISBN ?

Eishi Yushikawa: Musashi, ein Roman über das Leben des berühmtesten Samurai  ISBN?

Thomas Preston: Samurai-Geist, Kristkeitz Verlag, ISBN3 921508 38 X

Taisen Deshimaru-Roshi: Zen in den Kampfkünsten Japans, Knaur Verlag, ISBN 3-426-04130-8

Matsutatsu Oyama: Der Kyokushin Karate Weg, Kristkeitz Verlag, ISBN 3-921508-23-1

J. Hartl, U. Faber, R. Bögele: Teakwon-Do im Westen  (Interviews und Beiträge zum kulturellen Schlagabtausch) Mönchseulen Verlag München, ISBN 3-924864-03-9

Jörg-Michael Wolters: Kampfkunst als Therapie, Verlag Peter Lang, ISBN 3-631-44802-3

G. Siebert: Arnis Escrima Kali, Weinmann Verlag, ISBN 3-87892-063-6

Colin Goldner: Fernöstliche Kampfkunst ? enthält nur Kritik, aber viele interessante Anekdoten

Michal B. Poliakoff: Kampfsport in der Antike – Das Spiel um Leben und Tod, ISBN 3-7608-1015-2

Markus Junekelmann: Das Spiel mit dem Tod-so kämpften Gladiatoren  ISBN 3-8053-25-63-0

El-Juramentado: unabhängige Zeitschrift für Phillipinischen Waffenkampf, erscheint jährlich bei Alfred Plath, Burgstr. 39, 46519 Alpen, Tel: 02802/4151, Fax 02802/4152 

Heinz Sobota: Der Minusmann – Der Lebensbericht eines Zuhälters, Gewalttäter und Schlägers, ISBN 3-453-01111-2

Frank W. Demann Wing Shun für Insider   ISBN 3.8311-1979-1

Alle Bruce Lee Bücher

 

Bücher über Selbstverteidigung und Straßenkampf vom Michael-Kahnert-Verlag,  Im Waldfrieden 2, 21244 Buchholz, Fax 04181/37458  http:www.angelfire.com/de/kahnert

Marc “Animal" MacYoung's Bücher befassen sich mit realistischer, praxisbezogener und einfach anwendbarer Selbstverteidigung, Straßenkampf und Konfliktvermeidung, nicht mit phantasievollen Kampfkunstformen ohne Bezug zum wirklichen Kämpfen! (Das ist der Infotext des Verlages!)

 BILLIGE TRICKS, HINTERHALTE UND ANDERE LEKTIONEN

  - Ein grundlegendes Handbuch über die Selbstverteidigung und das Überleben

  MESSER, MESSERKÄMPFE & ÄHNLICHE ZWISCHENFÄLLE

  - Wie man einen WIRKLICHEN Messerkampf überlebt

  BILLARDSTÖCKE, BIERFLASCHEN & BASEBALLSCHLÄGER

  - Animal's Handbuch der improvisierten Waffen für Selbstverteidigung und  Überleben

  FÄUSTE, GRIPS UND EINE KNACKIGE RECHTE

  - Wie man auf der wilden Seite der Straße überlebt

  GEWALT, SCHNITZER UND GEBROCHENE KIEFER

 

Sifu Erwin L. Kastl mit Wing /  Tsun als Lehrbeauftragter an der Fachhochschule München

Nach mehreren Semestern musste ich aus zeitlichen Gründen diesen Lehrauftrag beenden. Der folgende Bericht ist eine Art offizieller Bericht, der nach Zustimmung des Dekans des Fachbereiches dann auch veröffentlicht wurde.

P. S. war ziemlich mühsam, etwas zu schreiben, was dann auch von oben abgesegnet wird. Mein erster Versuch wurde abgelehnt, erst nach einem längerm Gespräch mit einem Mitarbeiter der FH fand ich die treffenden Worte und formulierte einen Bericht, der auch die Zustimmung des Dekans fand.

Wing / Tsun an der Fachhochschule München

An der Fachhochschule München, Fachbereich Soziale Arbeit, wurde die chinesische Kampfkunst Wing / Tsun in das Vorlesungsverzeichnis aufgenommen. Dies ist ein großer Schritt nach Vorne in dem Bemühen aller Kampfkünste, als wertvolle Methode der Körper- und Charakterschulung die verdiente Anerkennung zu finden.

In der Studienordnung werden Veranstaltungen mit dem Thema “Bewegung, musische Bildung und kreative Gestaltung” unter dem Oberbegriff “Berufliches Handeln” aufgeführt. Hier fand sich auch ein Platz für Wing / Tsun als Angebot an interessierte Studenten.

In einem persönlichen Gespräch mit dem Dekan des Fachbereiches war es Sifu Erwin L. Kastl möglich, ihn vom Wert seiner Kampfkunst für angehende Sozialpädagogen zu überzeugen. Mit Zustimmung des Professorenkollegiums ist ( aktuell: war) Wing / Tsun nun eines der Angebote aus diesem Bereich. Die Studienordnung sieht vor, daß die Studenten unter 16 verschiedenen Angeboten in diesem Bereich drei wahrnehmen müssen. 

Grundsätzlich ist das Professorenkollegium der Meinung, daß auch die Auseinandersetzung mit musisch/manuellen Fertigkeiten für Studium und berufliches Handeln von Sozialpädagogen Sinn macht. Dabei geht es aber nicht um diese Tätigkeiten an sich, sondern darum, in der manuellen oder künstlerischen Auseinandersetzung mit gegenständlichen und menschlichem Gegenüber neue Fähigkeiten zu entwickeln und/oder Erfahrungen zu machen, die auf herkömmliche Weise nicht greifbar sind. Diese Veranstaltungen sind Mittel zum Zweck.

Um das konkreter zu machen, hier ein Beispiel. Rechnen ist direkt erlernbar. Das Einmaleins wird auswendig gelernt, die Regeln werden erklärt und dann wird geübt. Wie aber kann man Kreativität lernen? Wie kann ich mich mit meiner eigenen Konsummentalität auseinandersetzen? Wie kann ich meine Grenzen kennenlernen? Wie lerne ich einen Konflikt auszutragen? Wie finde ich alternative und flexible Problemlösungen? Wie gehe ich mit meiner Kopflastigkeit um? Wie lerne ich, bei Streitgespächen ruhig zu bleiben? Wie gehe ich mit Aggression um?

Das sind viele Fragen, auf die es keine einfache Antwort gibt. Solche Fragen werden in einer Vorlesung, wo es darum geht, etwas Vorgegebenes zu lernen und nach Möglichkeit zu verstehen, gar nicht aufgeworfen. Dennoch sind sie wichtig.

Die Auseinandersetzung mit musisch manuellen Fertigkeiten gibt die Möglichkeit, diese Fragen aufzuwerfen und für jeden selbst eine Antwort zu versuchen. Dazu paßt auch die Tatsache, daß hier keine Noten vergeben werden, sondern nur ein praktischer Leistungsnachweis. Dazu genügt im Regelfall die erfüllte Anwesenheitspflicht und eine aktive Teilnahme.

So etwas macht Sinn, denn ein Sozialpädagoge gerät durchaus in Situationen, wo das Erlernte keine Antwort mehr gibt. Der Umgang mit Menschen in einer Problemsituation kann ungeheuer schwierig sein. Immer wieder ist es nötig, sich selbst zu reflektieren, sich grundsätzliche Fragen über Weltbild, eigene Vorurteile und Absichten zu stellen. In der Auseinandersetzung mit Menschen, die vollkommen andere Weltanschauungen vertreten, wird man selbst in Frage gestellt. Hier gibt es keine einfachen Antworten, aber wer über sich selbst schon gründlich nachgedacht hat, sich selbst schon in Frage gestellt hat, kann sich solchen Situationen stellen.

Für Studenten, die sich davon angesprochen fühlen, gibt es nun also die Möglichkeit, Bewegungen aus dem Bereich Kampfkunst zu erlernen, um sich mit dem auseinanderzusetzen, was über die Bewegungen der Selbstverteidigung hinaus geht.

Hier ist als erstes das Phänomen Aggression zu nennen. Der Umgang mit eigener und fremder Aggression wird durch Übungen aus dem Bereich der Selbstverteidigung direkt erfahrbar und der Umgang damit wird auf eine völlig neue Basis gestellt. Die eigene Erregtheit in Konfliktsituationen, z. B. beim Schlichten einer Rauferei (in der Jugendarbeit oft nötig), kann besser reguliert werden. Die gängige Vorstellung, daß beim “Austoben” Aggressionen abgebaut werden, ist in der Verhaltenspsychologie “megaout” und wissenschaftlich widerlegt.

Die Grundbotschaft aller Kampfkünste ist die These, daß blinde Aggression ungeeignet ist, einen Kampf zu gewinnen, ja überhaupt jegliche Auseinandersetzung zu beenden. Ruhe und Ausgeglichenheit, ja sogar Distanz zu sich selbst erst macht es möglich, sinnvoll und geplant zu handeln. Der erfahrene Kämpfer bevorzugt einen blindwütig agierenden Angreifer, der wild um sich schlagend den sinnvollen Techniken des Experten nichts entgegenzusetzen hat.

Gewalt wird nicht grundsätzlich verneint, in der Notwehr ist sie ja geboten, doch der Umgang damit muß geplant und überlegt sein. Hier haben wir die ersten Berührungspunkte mit Zen. Der Kampfkünstler lernt, daß Wettkämpfe nur durch kühles Agieren gewonnen werden können. Diese Erkenntnis überträgt er auf sein Leben und wird in Konfliktsituationen aller Art kühl planend nach der besten Lösung für alle Beteiligten suchen. Karate-Großmeister Matsutasu Oyama sagt: Er bleibt ruhig selbst inmitten eines brennenden Hauses.”

Von der Aggression getrennt zu betrachten ist der Umgang mit Körperlichkeit. Hier wurde jeder von seiner eigenen Sozialisation (wie man erwachsen wird) geprägt. Der Umgang mit Berührungen, mit körperlicher Präsenz ist so unterschiedlich, daß allein durch das Vergleichen viel gelernt werden kann. Ganz deutlich wird dies bei sehr nahen Übungen, wie z. B. Umklammerungen. Manche geraten total in Panik, während andere ruhig bleiben. Das Training bietet feste und sichere Rahmenbedingungen, so daß diese Erfahrungen in einer Art Schutzraum gemacht werden können.

Auch die Thematik alternative Problemlösungen wird im Wing Tsun direkt erfahren. Siegen durch Nachgeben ist bei uns kein leeres Wort, sondern konkret darstellbar. Viele Menschen neigen dazu, einer ankommenden Kraft automatisch mit der eigenen Kraft entgegenzuwirken. Hier denke ich nicht nur an körperliche Auseinandersetzungen, sondern auch an Streitgespräche. Ich muß nicht auf jede Beleidigung mit einem Kraftausdruck antworten. Die Antwort: “Du hast recht” ist oft überraschend hilfreich und öffnet den Weg zu einer vernünftigen Konfliktlösung. Als Kampftechnik sieht das so aus, daß der Wing Tsun Anwender, wenn er gezogen wird, nicht dagegenhält, sondern dem Angreifer noch hilft und auf ihn zukommt.

Das Erlernen flexibler Problemlösungen und deren Wirksamkeit ist geradezu Grundthema des Wing Tsun. Wenn es so nicht geht, dann eben anders. Ein gutes Beispiel ist hier die Befreiung aus einem Schwitzkasten im Liegen, wie sie in dem Lehrvideo von Emin Boztepe wunderbar dargestellt wird. Kann ich den Gegner nicht von mir wegdrücken, drehe ich mich selber unter ihm raus. Der bekannte Autor von Lebenshilfebüchern, Josef Kirschner, empfiehlt sogar, für jede Situation zwei alternative Lösungen vorzubereiten.

Auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Konsummentalität kann in einem bewegungsorientiertem Kurs stattfinden. Die Neigung der Studenten, sich vom Kursleiter etwas bieten zu lassen, wurde besonders in Gesprächen deutlich. Übungen nach Anweisung auszuführen, fiel ihnen sichtlich leichter. Wenn es in der Diskussion aber darum ging, einen eigenen Beitrag zu leisten, selbst etwas zu bringen, war die Reaktion eher verhalten. Ganz klar fiel den Studenten körperlicher Einsatz leichter, als das Einbringen von eigenen Gedanken. Hier sind wir beim Problem “Konsummentalität” angekommen. Lehrveranstaltungen der Fachhochschule werden konsumiert wie Fernsehfilme. Der Dozent ist der Hauptdarsteller und hat die Aufgabe, die Zuschauer (Studenten) zu unterhalten. Daß auf diese Art die höheren Ziele der Kurse im musisch manuellen Bereich nicht erreicht werden können, ist klar. Auch Selbsterfahrung ist nicht möglich.

Vermutlich spielen hier alte Erfahrungen eine Rolle. Solange es so abläuft, wie Turnunterricht in der Schule, weiß jeder, wie er sich zu verhalten hat. Selbst etwas zu bringen ist sehr ungewohnt. Der Dozent kann hier aber nichts erzwingen, er muß abwarten. Aber mit etwas Geduld und einem Ansprechen dieses Problems kamen dann doch noch ein paar Reaktionen. Für den praktischen Erfolg genügt die körperliche Mitarbeit, das Ausführen der Bewegungen. Damit der Kurs aber als Mittel zum Zweck wirksam wird, ist auch geistige Arbeit vonnöten.

Selbstverständlich vermag Wing / Tsun nicht alle Ansprüche zu erfüllen. Die Kreativität ist nicht gefordert, sinnvolle Bewegungen der Selbstverteidigung lassen sich nicht erfinden. Aber dafür gibt es ja andere Kurse in diesem Bereich, die unter den Oberbegriff “Kreatives Gestalten” fallen. Z. B. Keramik, Theaterarbeit usw.

Es ist aber durch Wing / Tsun möglich, die Beziehung zwischen Kampfkunst, Zen und dem täglichen Leben zu erläutern und in bestimmten Übungen  zu verdeutlichen. Zen ist etwas ganz einfaches. Es bedeutet ganz und gar bei einer Sache zu sein und sich ausschließlich mit dieser in diesem Moment zu befassen.

 

Hierzu einmal ein konkretes Beispiel aus dem Unterrichtsprogramm. Der Zen-Aspekt im Kampfkunsttraining beinhaltet die Ruhigstellung des Geistes, während der Körper agiert. Da im Kampf die Notwendigkeit besteht, auf die Aktion des Angreifers blitzschnell zu reagieren, muß in diesem Moment die Einheit von Denken und Handeln gewährleistet sein. Erst Denken und dann Handeln wird diesen Ansprüchen nicht gerecht. “Direktes bei der Sache sein”, so würden es bestimmte Philosophen nennen, ist gefragt. Die allereinfachste Übung, dies zu verdeutlichen, ist eine Übung für Schrittarbeit.

Zwei Partner stehen sich in einem Abstand von etwa zwei Metern gegenüber. Beide mit rechtem Bein vorne. Ein Partner führt, der andere läßt sich führen. Der führende Partner macht einen diagonalen Vorwärtsschritt, das heißt wie beim normalen Gehen bewegt sich das hintere Bein nach vorne. Der geführte Partner reagiert durch einen diagonalen Rückwärtsschritt, möglichst sofort. Der führende Partner hat aber auch die Möglichkeit, einen Rückwärtsschritt zu machen, worauf der geführte Partner einen Vorwärtsschritt macht. Die Aufgabe besteht darin, daß der geführte Partner den Abstand konstant erhält. Wichtig ist dabei für den Führenden, die Schritte nicht in einem festen Rhythmus auszuführen.

Für den Beobachter läßt sich auch das kleinste Nachlassen der Aufmerksamkeit, jede Zehntelsekunde Verzögerung, deutlich erkennen. “Kein Hauch zwischen Denken und Handeln”, diese Aussage des Zen wird in dieser Übung sichtbar gemacht. Die Beschreibung dieser schlichten Übung, die aus dem phillipinischen Waffenkampf, dem Escrima, stammt klingt etwas schwierig, wer sie durchführt, wird aber merken, wie einfach, aber nicht leicht, sie ist.

Jede Form von Sparring entspricht dieser Übung, nur auf höherem Niveau, wobei aber nicht der (geplante) Angriff, sondern die Abwehr für den Zen-Aspekt steht. Solche Übungen sind Zen mit Rückmeldung, ein Abschweifen der Aufmerksamkeit wird, im Gegensatz zur Meditation im Sitzen, oder beim Ausüben der Form ohne Partner, sichtbar.

Schwierig für den Lehrer, der Kampfkunst als Profi unterrichtet, war die Umstellung auf die unterschiedliche Ausgangsposition der Studenten, zum größten Teil Studentinnen, im Gegensatz zu seinen normalen Schülern. Normale Schüler, die dafür bezahlen, eine Selbstverteidigung zu erlernen, sind motivierter und interessierter als Studenten, die unter mehreren Veranstaltungen Wing / Tsun als kleineres Übel ausgewählt haben. Hier waren drei Punkte ganz besonders bemerkenswert.

Unter dem Aspekt der Selbstverteidigung ist es unerläßlich, daß auch einfache Übungen, wo der Bewegungsablauf bereits beherrscht wird, intensiv wiederholt werden, um den Bewegungsablauf tief im Körper zu verankern und auch unter Streß (z. B. eine Selbstverteidigungssituation) sicher ausführen zu können. Hier möchte ich den bekannten Wing / Tsun Lehrer Sifu Salih Avci zitieren: “Wissen ist Macht, aber das macht nichts.” Nicht akademisches Wissen: “Ich kenne eine hervorragende Abwehr gegen den Angriff X”, sondern das Können, das spontane Ausführen dieser Technik ist das Lernziel.

Der Unterhaltungswert von Wiederholungen, vor allem wenn sie unkonzentriert ausgeführt werden, ist natürlich gering und manche Studenten waren nicht bereit, hier mitzumachen. Die einfache Lebensweisheit, daß sich Erfolg durch Bemühungen einstellt und einem nur selten in den Schoß fällt, ist offensichtlich nicht jedem klar. Manche waren vielleicht auch daran gar nicht interessiert.

Seltsamerweise waren es dann genau diese Studenten, die sich beschwerten, wenn die gezeigten Techniken bei ersten Versuchen mit Bekannten oder Freunden nicht so funktionierten, wie es sein sollte.

Überhöht waren auch die Erwartungen in Bezug auf die eigene Verteidigungsfähigkeit, die die Teilnehmer an diesen, doch kurzen, Kurs hatten. Für die Selbstverteidigungstechniken blieben etwa 10 - 15 Stunden an Trainingszeit. In dieser Zeit lassen sich bestimmte Bewegungen meistern, man ist in Gewaltsituationen nicht mehr hilflos und kann sich durchaus wehren, doch nur wenn man bereit ist, den Angreifer zu verletzen. Die Studentinnen haben zuhause mit ihren Freuden geübt und sich dann gewundert, warum sie nicht überlegen waren.

Jeder seriöse Selbstverteidigungsexperte weiß, daß man etwas länger trainieren muß, um einen körperlich überlegenen und entschlossenen Angreifer verletzungsfrei zu überwältigen.

Manche Studentinnen empfanden auch die Notwendigkeit, einen Angreifer zu verletzen, als etwas krass und waren hier überfordert. Sie waren der Meinung, auch in einem Notfall die gezeigten Techniken nicht anwenden zu können. In einer Notwehrsituation gelten jedoch andere Gesetze als im normalen Leben, das Verbotene (Körperverletzung) wird zum Gebotenem.

Hier entstand für die davon Betroffenen ein Konflikt. Die eigene Unfähigkeit, die strenge und an sich richtige Regel “Keine Gewalt” in einer Notsituation zu brechen, zeigt eine Grenze, die vielen vorher gar nicht bewußt war. Darüber Nachzudenken und zu Sprechen ist Selbsterfahrung in Reinkultur. Ich erfahre etwas über mich, was ich vorher nicht wußte.

Da in dem Kurs auch Gespräche und Diskussionen einen großen Raum einnahmen, war es möglich, viele der eingangs aufgeworfenen Fragen anzusprechen und sich damit auseinanderzusetzen. Kampfkunst als Mittel zum höheren Zweck, diese Absicht stand bei der Lehrveranstaltung im Vordergrund. Der hohe Zweck wurde sicher nicht erreicht, er wird nie und mit keiner Methode erreicht werden, aber als Methode der Annäherung ist Wing Tsun sicherlich brauchbar.

Begeistert waren die Studenten von der Abwechslung, von der körperlichen Tätigkeit, im Gegensatz zur geistigen Arbeit in den anderen Vorlesungen.

Auch der Lehrbeauftragte Sifu Erwin L. Kastl, so die offizielle Bezeichnung der Fachhochschule für diese Position, war am Ende mit dieser doch völlig neuen Erfahrung zufrieden. Seine Unterrichtsziele wurden erreicht. Schön wäre es noch gewesen, eine Form von Sparring zu betreiben, was aber aus Sicherheitsgründen (Verletzungsgefahr) bei den teilweise völlig unsportlichen Studenten unmöglich war.

Alles in allem kann man sagen, daß Wing / Tsun als kleiner Teil des Studiums für daran interessierte, angehende Sozialpädagogen durchaus seine Berechtigung hat. Studenten und Lehrer waren mit den Ergebnissen zufrieden.